Verdientes Feierabendeis in der Heide

Von johannesolaf, 23.03.2011, 20:16

Mein Mandant saß 10 Wochen in Untersuchungshaft. Die Presse in der Norheide hatte üble Berichte über ihn verfasst. Bei dem außergewöhnlichen Vornamen, Angabe seines Alters und Nennung seines kleinen Heimatdorfes weiß jeder dort, um wen es sich handelt. Es hieß, ihm drohen 10 Jahre Gefängnis. Dass es "nur" 10 Wochen waren, hatte er dem Oberlandesgericht Celle zu verdanken, das den Haftbefehl auf unsere weitere Beschwerde hin vor Monaten aufgehoben hat.

Der Vorwurf lautete gefährliche Körperverletzung in 2 Fällen. In dem einen Fall war mein Mandant heute angeklagt mit einem weiteren Angeklagten nachts in eine wohnung eingedrungen zu sein und mit einer Gaspistole auf die dort anwwesenden drei jungen Männer gezielt zu haben, dem einen mit dem Schlagring auf den Kopf gehauen zu haben, während sein Kumpel kurz zuvor Pfefferspray versprüht haben soll. Beide Täter waren schwar gekleidet und vermummt. Dass mein Mandant einer der Täter gewesen sei, sei für ihn 100 % sicher, er habe ihn an der Stimme und am Gang erkannt. Mein Frage, ob er an dem Tag Drogen genommen habe, verneinte der Hauptgeschädigte. Einer der anderen Geschädigten sagte aus, dass er meinen Mandanten ebenfalls seit Jahren kenne, ihn aber nicht erkannt habe. Entgegen der Aussage des Hauptgeschädigten sagte er aus, dass dieser an dem Abend gekifft habe. Der dritte Geschädigte teilte mit, der Hauptgeschädigte habe ihm gesagt, er habe meinen Mandanten an einer Bauchtasche erkannt, auf der sich ein Wappen befunden habe. Der Hauptgeschädigte erneut in den Zeugenstand gerufen, wußte von der Tasche nichts.

Im anderen Fall war der Sohn einer Anwältin auf der Straße verletzt worden, er trug Kopfverletzungen davon. Heute erzählte er, mein Mandant und ein weiterer Angeklagter hätten ihn im Anschluss an eine Feier von hinten angegriffen, als er auf dem Weg nach Hause war. Er sei sich sicher, dass mein Mandant und nicht etwa sein Zwillingsbruder der Täter sei, weil mein Mandant stämmiger sei. DerBruder meines Mandanten hat ausgesagt, dass er es war, der ine Auseinandersetzung mit dem Geschädigten gehabt habe, weil dieser betrunken auf ihn zugekommen sei und ihm im Gesicht rumgefummelt habe. Schwerer verletzt habe er ihn aber nicht. Eine weitere Zeugin sagte aus, dass sie zur Tatzeit mit meinem Mandanten zusammen auf einer Party gewesen sei, insbesondere habe man längere Zeit zusammen auf einer Mauer gesessen.

In beiden Fällen erfolgte Freispruch. Wegen eines ebenfalls angeklagten Verstoßes gegen das Waffengesetz einigten sich die Beteiligten, wegen Vorbelastungen, auf einen Arrest von einem Tag, der mit der U-Haft ohnehin abgegolten ist.

Tragisch ist, dass der Bruder meines Mandanten bereits zu einem frühen Zeitpunkt bei der Polizei ausgesagt hatte. Ein weiterer Zeuge, den wir heute nicht mehr hören mussten, hatte ebenfalls vor Monaten ausgesagt, dass er den Anzeigenerstatter, als dieser den Bruder meines Mandanten angegriffen und beleidigt habe, zu Boden gebracht habe, um ihn zu beruhigen.

Weder das Amtsgericht, noch das Landgericht haben den Haftbefehl aufgehoben. Dazu bedurfte es der Entscheidung des OLG, das keinen dringenden Tatverdacht gesehen hat. Meines Erachtens, dies habe ich dem Gericht nach Anklageerhebung in meinem Antrag, die Anklage zurückzuweisen geschrieben, bestand auch kein hinreichender Tatverdacht und die Sache hätte nicht verhandelt werden dürfen.

Bei der Urteilsverkündung fand die Vorsitzende des Jugendschöffengerichtes hierzu angenehme Worte. Tragisch ist auch, dass sich der frühere Ausbildungsbetrieb meines Mandanten von der üblen Presse hat beeindrucken lassen und das Ausbildungsverhältnis inzwischen beendet wurde.

Besonders schön jedoch war der Umstand, dass mein Freund Andreas Dieler den zweiten Angeklagten verteidigt hat, wir in der Mittagspause zusammen zum Griechen gehen und im Anschluss bei herrlichem Sonnenschein einen Eisbecher einatmen konnten.

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