Dienstag, 26. Januar 2010

Keine Hehlerei und nicht in den Kiosk eingebrochen

Von johannesolaf, 19:00

Meinem Mandanten war vorgeworfen worden, entweder einen Einbruch begangen zu haben oder aus einem Kioskeinbruch in Helmstedt stammende Waren, nämlich Zigaretten und Telefonkarten, in seinem eigenen Kiosk verkauft zu haben wobei er zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass die Ware aus einem Eigentumsdelikt stammt.

Die Polizei hatte stangenweise Zigaretten aus dem Kiosk meines Mandanten beschlagnahmt. Diese konnten aber nicht dem Kioskeinbruch zugeordnet werden. Spuren am Tatort, die auf meinen Mandanten hindeuten würden, fanden sich ohnehin nicht.
Nachdem ich den ermittelnden Polizeibeamten am ersten Verhandlungstag gefragt hatte, ob die Buchführung meines Mandanten auf dessen Zigaretteneinkäufe hin untersucht worden sei, und dies verneint wurde, entbannt mein ansonsten schweigender Mandant seine Steuerberaterin von ihrer Verschwiegenheitspflicht. Diese sandte schnellstens die Einkaufsbelege an das Gericht. Heraus kam, dass die beschlagnahmten Zigaretten aufgrund ihrer Menge und den Marken auch von meinem Mandanten legal eingekauft worden sein können. Die Telefonkarten konnten alternativ von einem seiner Angestellten ohne seine Kenntnis eingebracht worden sein.

Mein Mandant wurde freigesprochen, nachdem auch die Staatsanwaltschaft dies beantragt hatte.

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Prozess vor dem Schwurgericht Hamburg wegen Schüssen auf Türsteher endet mit Verurteilungen

Von johannesolaf, 18:44

Vom Schwurgericht Hamburg wurde mein Mandant gestern nach 8 Hauptverhandlungstagen zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung einer früheren Verurteilung verurteilt.   Angeklagt war daneben Beihilfe zum versuchten Totschlag. Deswegen saß mein Mandant in Untersuchungshaft. Ihm war vorgeworfen worden, seinen Freund, den Mitangeklagten, zu einer Disco in der Hamburger Nordkanalstraße gefahren zu haben, damit dieser auf dort arbeitende Türsteher schießen kann, nachdem die beiden zuvor einen Streit mit diesen Türstehern gehabt hatten.
Der Schütze hat am ersten Verhandlungstag gestanden, gezielt auf die Schutzwesten der Türsteher geschossen zu haben, um diesen wegen vorheriger Beleidigungen Angst einzujagen. Obgleich der Mitangeklagte erklärte, dass er die Pistole ohne Wissen meines Mandanten aus seiner Wohnung besorgt hatte, während mein Mandant im Auto wartete, und auch ohne dessen Wissen die Schüsse geplant und durchgeführt hatte, ging der Staatsanwalt noch in seinem Plädoyer davon aus, dass mein Mandant Gehilfe gewesen sei, weil er mit dem Mitangeklagten befreundet ist und es lebensfern sei, dass über die bevorstehende Tat zuvor während der Autofahrt nicht gesprochen worden sei.
Für diese Argumentation vermochte sich das Gericht ebenso wenig zu erwärmen wie ich, es war aber überzeugt, dass mein Mandant trotz fehlender Fahrerlabnis den PKW gefahren hat, mit dem die beiden Angeklagten in der Tatnacht unterwegs gewesen waren. Dafür, dass mein Mandant mit den späteren Schüssen etwas zu tun hat, fanden sich nicht. Der Haftbefehl wurde konsequenterweise aufgehoben.

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Dienstag, 19. Januar 2010

Keiner geht ans Telefon

Von johannesolaf, 10:15

Gestern habe ich mit meinem Mandanten telefoniert, der mir mitteilte, eine neue Anklage von einem kleinen Amtsgericht zugestellt bekommen zu haben. Ich bat ihn, mir die Geschäftsnummer per sms mitzuteilen, da er die Anklage bei unserem Telefonat nicht vorliegen hatte. Die Mitteilung ging vorhin ein und lautet: 5 Ds 1622Js1090230912107201Js10841809. Seit mehr als einer Stunde versuche ich nun das Gericht zu erreichen, um das Ganze zu entwirren, denn es sieht nach mehr als einem Vorgang aus, es hebt aber keiner ab.

Nachtrag: Die richtige Geschäftsnummer lautet 5 Ds 12/10


Montag, 18. Januar 2010

Bin sauer auf die JVA München

Von johannesolaf, 12:46

Die geplante Verhandlung vor dem Schwurgericht Hamburg fällt heute aus, so dass ich mal wieder Zeit im Büro verbingen kann. Wohltuend war es schon heute Morgen mal wieder seit gefühlten Monaten frostfreie Luft zu riechen.

Kaum hier angekommen, muss ich mich aber aufregen. Die JVA München schickt mir einen am 2. Januar, also vor mehr als zwei Wochen an meinen Mandanten als Verteidigerpost versandten Brief zurück mit dem Bemerken, ich hätte dort meine Verteidigereigenschaft nicht nachgewiesen.

Das Amtsgericht München hat mich meinem Mandanten als Pflichtverteidiger beigeordnet. Das ist der Nachweis!

So habe ich es auch der JVA-Leitung mitgeteilt, verbunden mit dem Ersuchen, den Brief unverzüglich auszuhändigen.

Mich ärgern nicht unbedingt die 5 Minuten, die ich zum Schreiben gebraucht habe, mich ärgert aber, dass ein junger Mensch in Haft genommen wird und Angst hat, sein Verteidiger tut nichts, da er keine Informationen erhält.


Montag, 07. Dezember 2009

Schüsse auf Türsteher - Prozessbeginn in Hamburg

Von johannesolaf, 09:12

Vom Prozessauftakt vor dem Schwurgericht Hamburg berichtet das Hamburger Abendblatt hier. Meinem Mandanten wird Beihilfe zum versuchten Totschlag, seinem Mitangeklagten, versuchter Mord vorgeworfen. Sollten sich die Angaben des Hauptangeklagten durch die Vernehmung der Zeugen bestätigen, könnte die Tat letztendlich anders, nämlich milder, zu bewerten sein, als es die Anklage getan hat.

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Montag, 16. November 2009

Landgericht Stendal, diesmal in anderer Sache

Von johannesolaf, 11:24

Meinem Mandanten wurde vorgeworfen in fünf Fällen in Autos eingebrochen zu sein und dabei Geld sowie in einem Fall eine Bankkarte entwendet zu haben. Die Bankkarte soll er laut Anklage genutzt haben, seine Ehefrau dazu zu bewegen, mit Hilfe eines von ihr ausgefüllten Überweisungsträgers, auf sein Konto 1000 € zu überweisen.
Das blöde war, dass mein Mandant bereits im Februar, als er noch nicht mein Mandant war, wegen anderer Delikte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren gefangen hatte. Während den damaligen Verhandlungsunterbrechungen sollten drei der nun angeklagten Taten passiert sein, zwei zeitlich nach der damaligen Urteilsverkündung. Freitag fand nun die Hauptverhandlung statt vor dem  Landgericht in Stendal.
Nachdem mein Mandant die Taten eingeräumt hatte, konnte auf Zeugen verzichtet werden. Dies rechnete ihm der Vorsitzende in der Urteilsbegründung hoch an. Mein Mandant machte Angaben zu seiner Automatenspielsucht und seinem Alkoholgenuss zum Zeitpunkt der jeweiligen Tat. Drei Taten, mit denen ansonsten eine Gesamtstrafe hätte gebildet werden müssen, wurden eingestellt, weil sie nicht zu einer wesentlich Erhöhung der damals ausgeurteilten drei Jahren geführt hätten.
Erfreulich war, dass sich das Gericht ernsthafte Gedanken gemacht hatte, wieviel Strafe für die übrigen zwei Taten, nach den feststehenden drei Jahren noch nötig gewesen ist. Dies waren maßvolle sechs Monate, die rechtskräftig wurden.

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Donnerstag, 22. Oktober 2009

Streit um den Gutachter geht weiter

Von johannesolaf, 07:19

... so lautet die Überschrift im Bericht der Braunschweiger Zeitung. Es ist aber kein Streit, sondern Aufgabe der Verteidigung, Mängel im Gutachten aufzuzeigen. Die  Wahnehmungsverzerrungen habe ich  nicht etwa ins Blaue hinein behauptet, auf deren Vorliegen muss man schließen aus Angaben, die die Nebenklägerin vor Gericht und gegenüber dem Gutachter gemacht hat. Dieser hat zwar irgendwann mitgeteilt, dass es doch sein könne, dass die junge Frau zumindest zu Übertreibungen neigen könnte, ansonsten seien sämtliche Widersprüche in ihren Aussagen aber psychologisch erklärbar. Die Zeugen, die Zweifel an der Glaubhaftigkeit haben, waren von dem "Opfer" selbst bezichtigt worden, sie geschlagen oder mit Gewalt zum Sex gezwungen zu haben.


Mittwoch, 21. Oktober 2009

Hinweis des Strafkammervorsitzenden

Von johannesolaf, 08:09

Zunächst hatte ich dem Kollegen lediglich mitgeteilt, dass ich die Verteidigung eines jungen Mannes übernommen habe, der in der JVA sitzt und bislang von ihm vertreten wurde. Weil der Kollege bei der letzten Gelegenheit eine Strafe beantragt hatte, die über der lag, die das Gericht dann ausgeurteilt hat, wollte der Mandantlieber nicht mehr durch diesen Anwalt verteidigt werden. Auf meine kurze Mitteilung erhielt ich über eine Seite Begründung, warum die Mandatskündigung nicht akzeptiert werden könne und wolle u.a, weil aus einem früheren Verfahren noch eine Rechnung offen sein soll. Daraufhin habe ich sein Mandat unter Vollmachtsvorlage gekündigt und ihn gebeten, diesen Umstand der Strafkammer mitzuteilen. Der Kollege teilte mir dann wiederum schriftlich mit, dass er zunächst den Ausgleich seiner Rechnung erwarten und dem Gericht nichts mitteilen werde. Das habe ich nachgeholt und dem Gericht kurz mitgeteilt, dass ich nunmehr allein verteidige. Wochen später teilt mir nun das Gericht mit, mein Mandant würde über den Kollegen weiterhin dessen Beiordnung zum Pflichtverteidiger begehren und ich möge versichern, dass ich an den angedachten Verhandlungstagen auch Zeit hätte vorbei zu kommen. Bei meinem nächsten Besuch in der JVA hat mir der Mandant eine handschriftliche Erklärung mitgegeben, mit der er die Kündigung des Kollegen bestätigt  und meine Beiordnung beantragt hat.
Nachdem ich dieses Schriftstück dem Gericht eingereicht hatte, erhielt ich gestern den Beiordnungs-Beschluss des Landgerichts. Hierin heisst es u.a. ".... , die Bestellung in der Person des Rechtsanwaltes dem ausdrücklichen Wunsch des Angeklagten entspricht und der bestellte Rechtsanwalt Gewähr für eine sachgerechte Verteidigung des Angeklagten bietet". Es folgt ein Absatz und dann der Hinweis: "Dieser Beschluss kann nur von dem Angeklagten mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten werden."

Hat das Gericht schon geahnt, wer sich sonst beschweren würde?


Dienstag, 20. Oktober 2009

Traurige Nachricht aus Deggendorf

Von johannesolaf, 07:57

Meinem - nicht einschlägig - unter Bewährung stehenden Mandanten wurde vorgeworfen, zusammen mit einem Mittäter, einen anderen geschlagen und genötigt zu haben, ihm sein Auto zu verkaufen und den Kaufpreis als "erhalten" zu quittieren. Hintergrund war gewesen, dass der Mittäter meinen Mandanten informiert haben soll, dass der jugendliche Sohn meines Mandanten nicht ansprechbar in einem Hof liegen würdel, nachdem ihm Drogen in sein Getränk getan worden sein sollen. Daraufhin soll mein Mandant mit dem Mittäter denjenige, der die Drogen verabreicht haben soll, unter dem Vorwand selbst Drogen kaufen zu wollen, in die eigene Wohnung gelockt haben, wo es dann zu den oben beschriebenen Handlungen gekommen sein soll. Das nur noch geringwertige Auto sollte als Sicherheit dafür dienen, dass der Drogenverabreicher Schadensersatz zahlt, weil der Sohn meines Mandanten sich in der Wohnung übergeben habe, wodurch Reinigungskosten angefallen seien.
Vor der Hauptverhandlung trudelte hier eine weitere Anklage des AG Deggendorf ein, mit der meinem Mandanten Fahren ohne Fahrerlaubnis vorgeworfen wird. Dies habe ich zum Anlass genommen und dem Richter vorgeschlagen das dortige Verfahren einzustellen, weil wegen der gefährlichen Körperverletzung eine entsprechende Strafe drohe, neben der die Sache in Bayern nicht ins Gewicht fallen würde. Leider und traurigerweise macht die Staatsanwaltschaft nicht mit, wie ich eben durch ein Schreiben erfahren habe, weil es ihr auf die Eintragung im Zentralregister ankommt, die bei einer Einstellung nicht erfolgen würde- schade.

In der Körperverletzungssachen sind in der vergangenen Woche Staatsanwaltschaft und Gericht zum selben Ergebnis gekommen wie ich, nämlich das aufgrund der Sache mit dem Sohn, ein minderschwerer Fall vorliegt, so dass eine Freiheitstrafe von 3 Monaten auf Bewährung sogleich rechtskräftig werden konnte.


Sonntag, 18. Oktober 2009

Besser ist es, wenn man nochmal nachfragt

Von johannesolaf, 10:22

Um DNA ging es, wie hier berichtet wird, am Freitag vor dem Landgericht Braunschweig. Liest man das vorläufige Gutachten der Sachverständigen des Landeskriminalamtes, müsste man meinen, an der Uhr meines Mandanten würde Blut des Opfers kleben. Gut dass das Gutachten nicht lediglich verlesen, sondern die Gutachterin, die in Begleitung eines weiteren Sachverständigen erschienen war, persönlich geladen wurde. Nach der Befragung der Sachverständigen sieht die Sache ganzn anders aus, nämlich so, dass es sein kann, dass sich die technische Angestellte, die den Bluttest gemacht hat, sich auf dem Teststreifen verguckt hat. Der andere Doktor des LKA war schon deutlicher in seiner Wortwahl, wonach es sich wohl nicht um Blut gehandelt habe, da dies sonst deutlich zu erkennen gewesen wäre.
Bedenkt man, dass an einem Kleidungsstück aus der Wohnung des Opfers die deutlichste DNA vom Ermittlungsführer der Kripo stammte, aber auch hier laut den Sachverstänigen nicht eindeutig ist, dass sie tatsächlich vom Hauptkommissar stammen, ist das Ganze bislang sehr vage, gerade wenn man die Mögichkeit der Sekundärübertragung und den Umstand berücksichtigt, dass die Polizei zunächst Kontakt zum Angeklagten und erst dann zu den untersuchten Kleidungsstücken hatte.

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Samstag, 03. Oktober 2009

Concerto

Von johannesolaf, 15:45

...hat nichts mit Musik zu tun, so heißt vielmehr ein Kuchen, bestehend aus Schokolade, Nougat, Blattgold usw. im KaDeWe, den ich am Donnerstag nach der Verhandlung vor dem Landgericht Berlin essen konnte. Selbstverständlich ging es mir anschließend schon viel besser. Vor der Verhandlung gab es Spaghetti mit Pilzsahnesoße und Filetspitzen  für 4,20 €. Das eine Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe, das es zwischendurch für mehrfachen gewerbsmäßigen Betrug gab, war vorher abgestimmt und wurde von meinem Mandanten akzeptiert. Bedauerlich war aber, dass ich von Saal 220, in dem die Verhandlung zunächst stattfinden sollte, in den Saal 739 hetzen mußte. Da heute Feiertag ist, kann ich mir die ganze Sache noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen: Wäre das Mittagessen nicht so günstig gewesen (eine Minestrone für 2,80 € habe ich auch noch gegessen), hätte ich mir den glücklich machenden Kuchen wohlmöglich  nicht gekauft.

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Polizei Salzgitter besser als das dortige Amtsgericht

Von johannesolaf, 15:33

Mein Mandant, der neulich vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen wurde, berichtete mir, dass er vor meiner Beauftragung eine Vorladung als Beschuldigter von der Polizei Salzgitter erhalten habe, der er gefolgt sei. Bei der Polizei angekommen, wurde ihm eröffnet, was ihm zur Last gelegt wurde. Anschließend habe der Polizeibeamte gesagt, mein späterer Mandant solle sich überhaupt nicht zur Sache äußern und zunächst einen Verteidiger konsultieren. Das unterscheidet sich von der Proffesionalität her erheblich von anderen Polizeibeamten, die auf die schriftliche Einladung nicht einmal schreiben, ob jemand als Beschuldigter oder lediglich als Zeuge gehört werden soll. Stattdessen heißt es sinngemäß man möge zur Abklärung irgendwelcher Umstände vorbei kommen. Nicht viel besser nun das Amtsgericht Salzgitter: Eine Pflichtverteidigervergütung wurde mir gekürzt mit dem Argument, aus den Akten sei nicht ersichtlich, welche Tätigkeit ich im Ermittlungsverfahren, also vor Anklageerhebung, entfaltet hätte, allein die Aktenanforderung genüge für das Anfallen der Vorverfahrensgebühr nicht.
Nun konnte ich in meiner Erinnerung anwaltlich versichern, was sich jeder normale Mensch denken kann, nämlich dass ich die Akte nicht nur bestellt, sondern diese auch durchgearbeitet und mit meiner Mandantin besprochen habe. Dass der Inhalt der Gespräche nicht zur Akte gelangt, liegt in der Natur der Sache. Es tut schon weh, wie von einigen Rechtspflegern krampfhaft versucht wird, der Landeskasse mit komischen Argumenten ein paar Mark zu sparen.

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Dienstag, 22. September 2009

Berufung und die arme Zeugin

Von johannesolaf, 17:25

Bevor es morgen für drei Tage zum Landgericht Bayreuth geht, stand heute noch eine kleine Berufungssache vor dem hiesigen Landgericht an. Erstinztanzlich war meine Mandantin -ohne Verteidiger- wegen des Erwerbes von Kokain nach Jugendrecht zu einem Arrest von 4 Tagen verurteilt worden. Bereits in meinem Pflichtverteidigerbeiordnungsantrag für das Berufungsverfahren habe ich auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage hingewiesen, nämlich, dass der Verwertung einer polizeilichen Durchsuchung, bei der an einem Geldschein, der  in der Handtasche der Freundin  meiner Mandantin  gefunden wurde, weißes Pulver befunden haben soll, zu widersprechen sein wird, weil zum Zeitpunkt der Kontrolle kein Anfangsverdacht vorgelegen hat und auch nicht dokumentiert ist. Darüber hinaus würde, wenn überhaupt, strafloser Konsum vorliegen, weil, wenn überhaupt an Ort und Stelle, nämlich im Asylbewerberheim konsumiert worden sei. Ob es sich bei dem weißen Pulver tatsächlich um Kokain gehandelt hat, weiß auch keiner, weil es herabgerieselt war bei der polizeilichen Kontrolle.
Alles Gründe, um einen Freispruch zu fordern.
Weil in Jugendsachen nur ein Rechtsmittel möglich ist, also keine anschließende Revision mehr eingelegt werden konnte, ich bei der Vorsitzenden aber Bedenken hatte, ob es trotz aller Ungereimtheiten tatsächlich zum Freispruch kommen wird, bin ich vor der Hauptverhandlung mit dem Staatsanwalt übereingekommen, dass wir die Sache ohne Urteil beenden wollen, auch um die 20 Minuten, die die Vorsitzende zu spät kam, aufzuholen. Gegen Zahlung von 200 € in Raten ist es dann auch so passiert.
Das richtig Fiese an der Geschichte ist aber  der erstinztanzlichen Zeugin widerfahren, die mit meiner Mandantin unterwegs gewesen ist. Gegen Sie wird wegen Falschaussage ermittelt, weil das Amtsgericht ihr ihre Aussage nicht geglaubt hat. Dass es ihre Tasche gewesen ist, in der der Geldschein gefunden worden war, hat das Amtsgericht nicht mal dazu bewogen, sie auf ihr, in dieser Konstellation bestehendes umfassendes Auskunfsverweigerungsrecht, hinzuweisen.

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Montag, 21. September 2009

Gutes Ende in Münster

Von johannesolaf, 09:40

Vor dem Landgericht Münster war mein Mandant angeklagt seine damalige Lebensgefährtin im Jahre 2003 vergewaltigt zu haben und deren Sohn einmal in den Rücken getreten und ein anderes Mal geschlagen zu haben.
Nachdem am ersten Verhandlungstag die beiden "Geschädigten" als Zeugen vernommen worden waren, stand jedenfalls für mich fest, dass beide psychisch auffälig sind. Hinsichtlich des Sohnes bestätigte seine Mutter dann auch, dass er sich vor kurzem für mehrere Wochen in der Psychiatrie aufgehalten habe. Die Frau sagte unter anderem aus, sie selbst sei als 9-jähriges Mädchen, und dann drei Jahre lang, von ihrem Bruder sexuell mißbaucht worden. Aus den Akten ergab sich, dass der Bruder selbst 10 Jahre alt gewesen ist, als die Missbräuche begonnen haben sollen. Der eigene Vater und die Mutter sollen sie geschlagen haben. Zum zweiten Verhandlungstag hatte ich entsprechende Beweisanträge vorbereitet, u.a. natürlich den Antrag beide "Opfer" sowohl psychologisch auf die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen hin, als auch psychiatrisch untersuchen zu lassen und das bislang Gehörte mit den Widersprüchen, insbesondere im Kerngeschehen,dargelegt. Der psychiatrische Gutachter, der für meinen Mandanten bestellt worden war, konnte hinsichtlich meines schweigenden Mandanten nicht viel sagen, hielt aber die Vergewaltigung, wie sie von der "Geschädigten" geschildert worden war, aufgrund ihrer körperlichen Gegebenheiten, technisch für schwer vorstellbar. Nachdem die Mutter der "Geschädigten" ausgesagt hatte, dass sie sich selbst nicht erklären könne, warum ihre Tochter so geworden sei, wie sie ist, diese auch sie und ihren Mann in der Vergangenheit des öfteren falsch bezichtigt habe und der neue Lebensgefährte sich in Widersprüche verwickelte in seinem Bemühen zu schildern, was ihm von der "Geschädigten" über die angezeigten Taten, berichtet worden ist, gab ich zu Protokoll, dass meine Beweisanträge nur mit der Maßgabe als gestellt gelten sollen, wenn das Gericht von der Erlebnisfundiertheit der Aussagen der Belastungszeugen ausgehen will. Nach einer Unterbrechung teilte der Vorsitzende mit, dass aus Sicht der Kammer nun der Bundeszentralregisterauszug verlesen werden könne. Der dritte Verhandlungstag endete mit den Plädoyers und dem erwarteten Freispruch, den selbst die Vertreterin der Nebenklage beantragt hatte!


Mittwoch, 02. September 2009

Landgericht Stendal und die fehlende freie Rede

Von johannesolaf, 14:01

Gestern ist vor dem Landgericht Stendal nach mehrmonatiger Verhandlungsdauer ein Strafverfahren wegen des Vorwurfes des Subventionsvorwurfes zu Ende gegangen, wie hier berichtet wird. Laut Zeitungsartikel habe sich die Staatsanwälte gefreut, weil das Gericht ihre Ausführungen nahezu übernommen habe bei der Urteilsverkündung. Wenn man es selbst erlebt hat, könnte man sogar davon ausgehen, die Vorsitzende habe das schriftlich aufgeschriebene und dann verlesene Plädoyer der Staatsanwaltschaft komplett für ihre ebenfalls verlesene Urteilsbegründung verwandt. Warum die Presse rumwundert, ob das Urteil möglicherweise akzeptiert werden würde, wundert mich aber auch.


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